29.03.2017: Fachforum „Kommunale Familienpolitik: wirklich gewollt oder nur Wahlkampftrick?“ beim 16. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag in Düsseldorf

Foto (v.l.n.r.): Dr. Stefan Nacke, Andreas Krems, Nora Schmidt, Rainer Zeddies, Dr. Kirsten Witte, Karl Janssen, Beatrix Schwarze, Prof. em. Dr. Peter Strohmeier

Frau Dr. Witte, Vorstandsvorsitzende Familiengerechte Kommune e.V., begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Fachforums und stellte die Referenten vor. Die Teilnehmenden wurden eingeladen, sich über einen freien Platz den sie auf dem Podium einnehmen können, an der späteren Diskussion zu beteiligen.

Dr. Nacke, Leiter des Referats Politik, Wirtschaft, Soziales beim Bistum Essen und Prof. em. Dr. Strohmeier von der Ruhr-Universität Bochum berichteten in ihren Einführungsstatements von ihrer Arbeit als sachverständige Mitglieder der Enquetekommission „Zukunft der Familienpolitik in NRW“ des nordrhein-westfälischen Landtags. Zwischen den verschiedenen Fraktionen herrscht Konsens „Familienpolitik soll die „Strukturelle Rücksichtslosigkeit“ von Wirtschaft, Gesellschaft, Politik gegenüber der Lebensform Familie überwinden. Die Kommune ist dabei das Wirkungsfeld einer zukunftsfähigen Familienpolitik und hilft durch entsprechende Infrastrukturen Beeinträchtigungen abzubauen“ wie Dr. Nacke zusammenfasst.

Prof. em. Dr. Strohmeier stellt fest, dass „Familienpolitik ein kommunalpolitisches Gewinnerthema ist. Wer sich für Familien engagiert, wird eher wieder gewählt!“. Dennoch sei Familienpolitik als Wahlkampftrick ungeeignet, denn die Familien würden sehr schnell merken, ob den Wahlversprechen auch Taten folgen würden.

Auf die Frage eines Teilnehmers aus dem Plenum „wer die Bedarfe von Familien definiert und wie man Familien beteiligen kann“ berichtet Rainer Zeddies, Leiter des Jugendamtes Berlin-Lichtenberg, dass im Rahmen des Audits Familiengerechte Kommune zunächst die Ist-Situation gemeinsam mit allen relevanten Akteuren analysiert wird und dann die Familien zu ihren Bedarfen befragt werden. Frau Schmidt, Geschäftsführerin des Deutschen Vereins für private und öffentliche Fürsorge e.V., ergänzt, dass eine Mischung aus online und klassischen schriftlichen Befragungen gute Ergebnisse liefert, wenn diese im Anschluss mit den Familien diskutiert werden. Wenn man die Familien erreichen will, spielen Akteure vor Ort, wie die Träger von Kindertageseinrichtungen, Schulen und Beratungsstellen eine wichtige Rolle als Multiplikator und Türöffner zu den Familien.

Karl Janssen, Vorstand Familiengerechte Kommune e.V., stellt die Frage was Kommunen konkret tun können, um familiengerechter zu werden. Andreas Krems, 1. Beigeordneter der Stadt Cloppenburg, im Rahmen des Audits Familiengerechte Kommune zertifiziert, berichtet, dass in Cloppenburg ein Familienpass eingeführt wurde, mit denen Familien beispielsweise die Kita-Beiträge oder Bauland vergünstigt bekommen. In Berlin-Lichtenberg unterstützen Familienhebammen die Familien und auch hier gibt es ein Gutscheinprogramm für Familien mit kleinen Kindern.

Ein weiterer Teilnehmer fragte, wie das Thema Familiengerechtigkeit in einer Kommune den nötigen Stellenwert und vor allem finanzielle Mittel dafür bekommt. Dazu antwortete Frau Schwarze, Geschäftsführerin Familiengerechte Kommune e.V., aus ihrer Erfahrung u.a. im Rahmen des Audits Familiengerechte Kommune, dass Familienpolitik zur Chef*innensache werden muss. „Familiengerechtigkeit ist weit mehr als Familienfreundlichkeit und gehört unabdingbar in den ressortbergreifenden Handlungsrahmen einer zielorientierten erfolgreichen Kommune“.

Statement Prof. em. Dr. Peter Strohmeier